Motorräder im FahrzeugtransportwagenAnreise

Fahrt mit dem Autoreisezug

Fast 1500 km stellen schon eine erhebliche Strecke für ein Motorrad dar, daher hatte ich mich entschlossen - nicht als der einzige übrigens - die Anreise wieder einmal mit dem Autoreisezug abzukürzen - nicht ganz ohne Schwierigkeiten, denn mitten in der Saison muss mit vollen Zügen gerechnet werden. So gab es zunächst auch Buchungsprobleme. Nach einem entsprechenden Hinweis aus dem Bekanntenkreis war aber plötzlich kurzfristig eine Buchung möglich; andere Teilnehmer hatten ähnliche Erfahrungen, was auf gewisse Unvollkommenheiten des Reservierungssystems der Bahn hindeutet. Somit war der Beginn der Reise Sonntag Mittag in Wannsee. Nicht ganz überraschend traf ich da auf Bekannte, die wie ich bei sommerlichen Temperaturen auf die Abfertigung nach Avignon warteten. Gewohnt routiniert wurden die Motorräder vom Bahnpersonal festgezurrt, danach war noch etwa eine Stunde Wartezeit bis zur Abfahrt des Zugs, der hier im modernisierten Bahnhof gleich am Nachbargleis wartet, zu verbringen.

Fahrzeugtransportwagen Autoreisezug im Bahnhof Berlin-Wannsee

Am Platz wartete schon für jeden Fahrgast eine Flasche Wasser, die bei dem warmen Wetter bald getrunken war. In einem Liegewagen des gut besetzten Zugs startete die Zugfahrt gen Süden. In den fast 20 Stunden der Bahnfahrt war Zeit genug, das Studium von Reiseführern und Landkarten nachzuholen. Die Fahrtroute führte über Wolfsburg, umfuhr Hannover, passierte Porta Westfalica und das Ruhrgebiet. Das schönste Stück führte dann entlang von Rhein und Mosel. Nach Sonnenuntergang passierte der Zug über Luxemburg die Landesgrenzen. Die Fahrt in einem solchen Zug ist nicht ganz so komfortabel wie in einem sanft dahingleitenden ICE, vielmehr fährt der Zug als Mittelding zwischen Personen- und Güterzug auch mal über Nebengleise und wartet öfter mal ein paar Minuten, um schnelleren Zügen Vorrang zu gewähren. Da und dort wird das Komfortideal der Deutschen Bahn auch mal durch verstopfte Toiletten (in meinem Wagen) oder ausgefallene Klimaanlagen (dieses Pech hatte glücklicherweise ich nicht) getrübt. In den frühen Morgenstunden fuhr der Zug durch den Endpunkt des Bike-Run: Lyon. Aus dem morgendlichen Dunst tauchten nun auch die Konturen des Zentralmassivs auf. Während des Frühstücks wurde mit Lautsprecherdurchsagen die Verfahrensweisen bei der Ankunft informiert; wie von anderer Seite berichtet, ist die Information im Zug aber nicht immer so gut wie in dem meinen. In Avignon war die Entgegennahme der Motorräder doch recht umständlich verglichen mit heimischen Verhältnissen: Ausgestiegen wurde pünktlich im Bahnhof Avignon Centre. Dort hieß es allerdings erst einmal Bus fahren, nämlich zu einem Güterbahnhof, wo die Fahrzeugtransportwagen zum Entladen hin gefahren wurden. All dies nahm doch erhebliche Zeit in Anspruch, die leider von den geplanten Aktivitäten an diesem Tage abging.

Ausfahrt in Avignon Bike-Run-Teilnehmer-Gruppe im Bahnhof Avignon 

Hier trafen Züge aus auch anderen Richtungen ein, in jedem auch Bike-Run-Teilnehmer - man hätte denken können, die Veranstaltung fände hier auf dem Bahnhof statt. Das war natürlich nicht der Fall. In Grüppchen brach man zu dem noch etwa 150 km entfernten Zielort auf. Auf dem Bahnhof wartete auch mein Karsten, mit dem zusammen ich die weitere Tour zurücklegen wollte.
 

Hôtel de Ville (Rathaus) AvignonAvignon

Die trotzdem noch reichlich bemessene Zeit erlaubte den einen oder anderen Zwischenstop. Avignon selbst bietet sich dafür an. Die Stadt hat neben der bekannten Rhônebrücke Pont St. Bénézet den Papstpalast in der von einer Stadtmauer umschlossenen historischen Innenstadt zu bieten. Von einem der Parkplätze an der Stadtmauer kann man den Ort gut zu Fuß erkunden.
 

Die Brücke in Avignon: Pont St. Bénézet

Pont du GardPont du Gard

Zwar warten auf dem Weg noch viele andere sehenswerte Orte, die beschränkte Zeit erforderte aber eine gewisse Auswahl. Diese fiel auf den Pont du Gard, ein von vollständig erhaltenes römisches Aquädukt über den Fluss Gard. Bei hochsommerlichen Temperaturen war der Besuch ein wenig anstrengend, lohnt aber auf jeden Fall. Auf der anderen Seite stellte das Wetter eine freundliche Abwechslung vom Wetter der Vorwochen dar. Wer will, kann dort im Fluss baden - begleitet vom Gesang der Zikaden.
 

Gorges de l'Ardèche

Der Weg ins Zielgebiet führt auch durch das Tal der Ardèche, eine nicht nur, aber besonders für Motorradfahrer attraktive Strecke - die Fotos sprechen für sich. Leider lässt die Qualität französischer Straßen mitunter Wünsche offen: Rollsplitt ist oft anzutreffen und wird auch nach Abschluss von Straßenbauarbeiten nicht restlos abgeräumt, sondern bleibt am Straßenrand liegen.

Kleiner Ort am Eingang der Ardèche-SchluchtFlussschleife (Ardèche)
Kanus (Ardèche)Vogüé
 

Ankunft in Coucouron

Mit Hilfe der Landkarten war es kein Problem, der Wegbeschreibung zum Bike-Run nach Coucouron zu folgen. Coucouron ist ein kaum der Dorfgröße entwachsenes Städtchen mit noch sehr ländlichem Charakter: vor uns wurde eine Kuhherde auf einer der Gassen vorangetrieben. Innerorts halfen viele kleine, aber ausreichend zahlreiche Wegweiser des MCRA den Weg zu der oberhalb etwas außerhalb des Ortes gelegenen Unterkunft zu finden. Dort wurden die erschöpften Ankömmlinge erst einmal mit allerlei administrativen Formalitäten überfallen, die die Veranstalter früherer Bike-Runs in diesem befremdlichen Umfang nicht für nötig gehalten haben.

Vor der Unterkunft in Coucouron

Die Unterkunft

Das Haus aus den 80er Jahren war auf einem Hügel oberhalb des Städtchens gelegen. Von hier hat man eine herrliche Aussicht auf die benachbarten Berge Mount Gerbier and Mount Mezenc.

Aussicht auf Mt Gerbier und Mt Mezenc

Das gebuchte 4er-Zimmer entpuppte sich als 5er-Zimmer. Leider war es dem MCRA nicht gelungen, die Einrichtung komplett zu belegen, es gab ein oder zwei Jugendgruppen als Mitbewohner; immerhin war man aber innerhalb der einzelnen Gebäudeflügel, die unaussprechliche französische Blumennamen tragen, unter sich. Der Einfachheit halber gab es zusätzlich eine farbliche Unterscheidung - so war ich im roten Flügel. Die Motorräder wurden auf dem Parkplatz und dem Vorhof des Hauses abgestellt. Da solche Einrichtungen weniger auf motorisierte Teilnehmer eingerichtet sind, reichte der Platz auch nur recht knapp für die immerhin 150 Teilnehmer aus. 

RegenbogenflaggeDen Regenbogen sah man an fast jedem Motorrad, das hier zum Treffen erschien. Aber kein Regenbogen ohne Regen - diese nasse Begleiterscheinung sollte uns leider immer wieder zu schaffen machen.

RestaurantDas Restaurant

Wegen der Abstecher gehörten wir zu den später Eintreffenden. Nach einem erlebnisreichen Tag hat man natürlich etwas Hunger und so passte es gut, dass gleich das Abendessen serviert wurde.

Aus Kapazitätsgründen wurden die Abendessen im herbergseigenen Restaurant in zwei Schichten gereicht. In den Aushängen rühmt man sich zwar der besonderen Leistungen bei der Gemeinschaftsverpflegung, aber haute cuisine darf man hier nicht erwarten und auch scheint es ein wenig auf die Bedienung von Kindergruppen abgestimmt zu sein; jedoch bemühte sich der MCRA, kleine logistische Schwächen auszugleichen. Vegetarier, die ihre Portion vermissten, konnten sich dafür um so mehr an dem sehr vorzüglichen und hier reichlich angebotenen Käse der Region schadlos halten. Wie es sich für ein ordentliches französisches Mahl gehört, fehlte auch der Wein auf den Tischen nicht.

BegrüßungsveranstaltungBegrüßungsveranstaltung

Nach dem Abendessen fand die Begrüßungsveranstaltung statt. Dank der Größe des Hauses waren die für die Eröffnung genutzten Räumlichkeiten im Keller des Hauses nicht so beengt wie im Vorjahr in Lauenförde (Bericht vom Bike-Run 2001).

Schwerpunkt bildete hier natürlich die unvermeidliche Organisation der Touren. Nach dem von früheren Bike-Runs bekannten Schema wurden Gruppen entsprechend den verschiedenen Fahrstilen gebildet: Wenn man von der Besonderheit der Rauchergruppe absieht (Pause an jeder Straßenecke), waren die Gruppen hauptsächlich danach charakterisiert, um wie viel die Tourleiter die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreiten. Zweifel seien angemeldet, ob eine solche Einteilung sinnvoll ist für Strecken, auf denen die Radien der Kehren tempobestimmend sind. Es gab sehr schnelle, schnelle und "coole" Gruppen. Die langsameren Fahrer fanden sich also in den coolen Gruppen zusammen, in Ermangelung "sehr cooler" Gruppen zusammen mit den sehr langsamen Fahrern, was die Fortbewegung manchmal doch ein wenig gehemmt hatte.

Eine so große Veranstaltung zieht natürlich auch den Bedarf an einer vergleichsweise großen Zahl von Tourleitern nach sich, was einen Verein wie den MCRA, der kein reiner Motorradclub ist, an seine Grenzen bringt und es wohl mit sich bringt, dass auch solche Mitglieder zu Tourleitern verpflichtet werden, die das eigentlich nicht so gern machen.

Rot ist offenbar die Clubfarbe des MCRA, denn dessen Mitglieder als Organisatoren hoben sich durch ihr rotes T-Shirt ab.

Nach dem Organisatorischen verteilte sich die Masse ein wenig im Gelände, vorzugsweise aber auf dem Vorplatz, wo aus dem (noch) Trockenen ein interessantes Wetterleuchten über dem benachbarten Bergen beobachtet werden konnte. Das kündete auch schon von dem wechselhaften Wetter der nächsten Tage. Leider bedeutete das Vorhandensein eines Wetterhäuschens nicht zugleich auch einen Einfluss auf das Wettergeschehen.

Wetterleuchten

Natürlich - wie könnte es anders sein - trifft man hier viele bekannte Gesichter, sei es von zu Hause oder von einer der Veranstaltungen in den Vorjahren. Gelegenheit also für das eine oder andere Hallo.

Nach dem Versäumnis der letzten Bike-Run-Veranstalter 2001, einen Darkroom einzurichten, hat der MCRA für entsprechende Bedürfnisse gleich zwei unterschiedlich ausgestattete Playrooms eingerichtet, die jeweils am späteren Abend geöffnet wurden (s. letzter Tag). Aufgrund der frischen und manchmal feuchten Witterung wurde die ansonsten attraktive Umgebung des Gebäudes als "play ground" für outdoor cruising weniger gut angenommen.

GetränkekarteDer Raum im Keller war als Bar hergerichtet. Hier gab es den Getränkeverkauf gegen die bei der Ankunft verkauften Bons (2 €). An den Wänden konnte man sich auf Landkarten über den genauen Verlauf der Motorradtouren informieren.

Nach einer mehr oder weniger langen und damit anstrengenden Anreise zog es viele aber schon eher früh in die Betten, um die Touren des nächsten Tags frisch angehen zu können.
 

 zum 1. Tourbericht: Gorges de l'Ardèche 


 E. M. Reisen- Übersicht